NIS2: Schutz kritischer Infrastrukturen für Betreiber von Betriebstechnologie im digitalen Zeitalter
Die digitale Transformation in der Industrie führt bei Betreiber von Betriebstechnologie (OT) zu bedeutenden Effizienz- und Produktivitätssteigerungen. Die zunehmende Vernetzung setzt kritische Infrastrukturen jedoch auch erhöhten Cybersicherheitsrisiken aus.
Einige Beispiele verdeutlichen die potenziellen Gefahren:
- Eine Ransomware-Attacke auf eine Smart City könnte Ampeln, öffentliche Verkehrsmittel und Rettungsdienste beeinträchtigen, was zu Verkehrschaos und Sicherheitsrisiken führt.
- Ein Supply-Chain-Angriff im Gesundheitswesen könnte medizinische Geräte kompromittieren und Patientendaten gefährden.
- Eine Datenpanne bei einem Cloud-Dienstleister könnte sensible Informationen zahlreicher Unternehmen und Privatpersonen offenlegen.
- Ein koordinierter Angriff auf Finanzinstitute könnte globale Finanzsysteme stören und das Vertrauen der Kunden erschüttern.
- Die Ausnutzung von IoT-Geräten in der Fertigung könnte Produktionsprozesse manipulieren und zu fehlerhaften Produkten führen.
- Ein Social-Engineering-Angriff auf Mitarbeiter kritischer Infrastrukturen könnte unbefugten Zugang zu sensiblen Systemen ermöglichen.
Um diesen Risiken zu begegnen, sollten Betreiber von Betriebstechnologie (OT-Unternehmen) die Vorgaben der neuen EU-Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit (NIS2) einhalten. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Wachsende Vernetzung und Anfälligkeit: Die zunehmende Integration von industriellen Steuerungssystemen (ICS) und SCADA-Systemen mit IT-Netzwerken vergrößert die potenzielle Angriffsfläche für Bedrohungsakteure. NIS2 schafft einen Rechtsrahmen zur Verbesserung der Resilienz grundlegender Dienste und zur Schließung potenzieller Sicherheitslücken.
- Umfassendes Sicherheits-Framework: NIS2 umfasst ein breites Spektrum von Regelungen und Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit von Netzwerk- und Informationssystemen in verschiedenen Sektoren wie Energie, Verkehr und Gesundheitswesen. Die Richtlinie verpflichtet OT-Betreiber zur Implementierung von Risikomanagementverfahren, Mechanismen zur Krisenreaktion und Schutzmaßnahmen gegen Cyberbedrohungen.
- Schutz kritischer Infrastrukturen: Störungen grundlegender Dienste wie Stromnetze, Wasserversorgung und Verkehrssysteme können schwerwiegende Folgen haben. NIS2 verpflichtet OT-Unternehmen, Maßnahmen zur Reduzierung der Wahrscheinlichkeit und der Auswirkungen von Cybervorfällen zu ergreifen.
- Sektorübergreifende Zusammenarbeit: NIS2 fördert die Kooperation und den Informationsaustausch zwischen OT-Unternehmen, Behörden und Regulierungsstellen. Dieser kollektive Ansatz ermöglicht eine effektivere Erkennung und Entschärfung aufkommender Bedrohungen.
- Rechtliche und finanzielle Konsequenzen: Unternehmen, die NIS2 nicht einhalten, müssen mit Sanktionen rechnen. Die Einhaltung der Richtlinie mindert nicht nur rechtliche Risiken, sondern trägt auch zur Sicherung der finanziellen Stabilität und des Rufs bei.
- Die Umsetzung von NIS2 ermöglicht OT-Betreibern ein proaktives Vorgehen gegen Cyberbedrohungen, stärkt die Resilienz wichtiger Dienste und gewährleistet die zuverlässige Funktion kritischer Infrastrukturen in einer zunehmend vernetzten Welt.
Für die praktische Umsetzung von NIS2 sind für Betreiber von Betriebstechnologie verschiedene technische Maßnahmen erforderlich:
- Umfassende Gerätesichtbarkeit: Eine genaue Inventarisierung aller vernetzten Geräte, einschließlich IoT- und OT-Assets, ist fundamental für effektives Risikomanagement.
- Kontinuierliche Risikobewertung: Die laufende Überwachung und Bewertung von Sicherheitsrisiken ermöglicht proaktive Maßnahmen zur Risikominimierung.
- Netzwerksegmentierung: Die Implementierung und Durchsetzung von Richtlinien zur Netzwerksegmentierung hilft, die Auswirkungen potenzieller Sicherheitsvorfälle einzudämmen.
- Incident Response: Echtzeitinformationen über Geräteaktivitäten und automatisierte Reaktionen auf Bedrohungen sind entscheidend für eine schnelle und effektive Reaktion auf Sicherheitsvorfälle.
- Compliance-Monitoring: Die kontinuierliche Überwachung der Einhaltung von Sicherheitsrichtlinien unterstützt bei Audits und hilft, die NIS2-Konformität nachzuweisen.
- Integration von Sicherheitslösungen: Die Verknüpfung verschiedener Cybersecurity-Tools verbessert den Gesamtüberblick über die Sicherheitslage und ermöglicht umfassende Reaktionen auf Sicherheitsereignisse.
Die Umsetzung von NIS2 erfordert für Betreiber von Betriebstechnologie einen ganzheitlichen Ansatz, der Unternehmensrichtlinien, Prozesse und Technologien umfasst. Unternehmen sollten ihre spezifischen Anforderungen zur Einhaltung der Richtlinie sorgfältig prüfen und entsprechende technische Lösungen als Teil einer umfassenden Cybersicherheitsstrategie implementieren.