Chancen & Risiken der KI in der Automobilbranche

Max Cheng  |
Chancen & Risiken der KI in der Automobilbranche

Chancen & Risiken der KI in der Automobilbranche

Der Einsatz von KI sorgt für Interesse in der Automobilbranche – vor allem, wenn es um das Potenzial autonomer Fahrzeuge geht, das Autofahren deutlich sicherer und angenehmer zu machen.

Wie KI-basierte Lösungen in der Automobilbranche cybersicher gemacht werden können

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KI-basierte Systeme für autonomes Fahren bieten großen Komfort, bergen aber auch Cyberrisiken. (Bild: metamorworks)

Laut einer Umfrage, schenken die Deutschen der Künstlichen Intelligenz durchaus Vertrauen bei der autonomen Übernahme von Fahreraufgaben im Automobil. So gaben etwa 34 Prozent der Befragten an, dass sie Künstlicher Intelligenz beim Autofahren die Kontrolle übergeben würden, solange sie selbst noch eingreifen können. Gleichzeitig vergrößert die KI aber auch die potenzielle Angriffsfläche für Cyberattacken auf Fahrzeuge. Insbesondere Large Language Models, (LLMs), die die generative KI antreiben, sind wegen ihrer Nutzung wichtiger Unternehmensdaten höchst attraktive Ziele für Cyberkriminelle.

In der Tat hat sich die KI damit als ein neuer und ungewöhnlich komplexer Bedrohungsfaktor für die globale Automobilbranche herauskristallisiert – ein Bedrohungsfaktor, der dringend Aufmerksamkeit erfordert.

Die Rolle der KI – Chancen und Risiken

KI wird bei den nächsten Generationen autonomen Fahrens eine wichtige Rolle spielen. Wahrnehmungs-, Erkennungs- und Steuerungsfunktionen werden eine umfassende KI-Modellierung nutzen, die es dem Fahrzeug ermöglicht, sich reibungslos und sicher im Autoverkehr zu verhalten und selbst auf unbekannte Straßen- und Verkehrsszenarien so zu reagieren, wie es menschliche Fahrer tun würden – oder sogar souveräner. LLMs werden schrittweise Funktionen übernehmen, die Befehle wie Beschleunigung, Lenkung und Bremsung steuern.

Es ist offensichtlich, dass die fortschreitende Einführung von KI auf diese Weise den gesamten Lebenszyklus von Fahrzeugen beeinflussen wird – vom Design über die Testphase und die Produktion bis hin zur Nutzung durch den Verbraucher. In den Anwendungsfällen, die von dieser Art der KI-basierten End-to-End-Modellierung abhängen, werden sich deshalb die verschiedenen Cybersicherheitsrisiken erhöhen und vervielfachen.

Drei Risikobereiche

Erstausrüster (OEMs) und ihre Zulieferer müssen heute handeln, um die neuen, KI-induzierten Cybersicherheitsrisiken analysieren, besser verstehen und abwehren zu können. Die effektive Bewältigung der neuen Herausforderungen, die durch den verstärkten Einsatz von generativer KI sowie LLM, usw. entstehen, erfordert kreatives Denken und Planung in mindestens drei zentralen Risikobereichen:

  • Strategische Herausforderungen – Das regulatorische Umfeld für KI in der Automobilbranche entwickelt sich rasch weiter und führt zu neuen Herausforderungen bei der Einhaltung von Vorschriften. Die Normenlandschaft für die Branche ist bereits vielschichtig und komplex (z. B. die EU NIS2-Richtlinie oder der ISO/SAE 21434 Standard). OEMs und ihre Zulieferer müssen sowohl die Anwendbarkeit verschiedener bereits bestehender Spezifikationen auf die KI in der Automobilindustrie verstehen als auch neue Vorschriften von Organisationen berücksichtigen, mit denen sie bisher nicht vertraut sind, z. B. in Bezug auf den Umgang mit KI-Ethik.
  • Finanzielle Risiken – Die Kosten für die Entwicklung und den Einsatz von KI sind hoch, und es gibt möglicherweise erhebliche versteckte Kosten für die Implementierung, die von der Vorbereitungsphase bis zur vollständigen Integration zu bewältigen sind. Schwer abzuschätzen sind hierbei die Ausgaben für die Haftung und das Risikomanagement. So bedeutet etwa eine Verletzung der KI-Cybersicherheit für einen Automobilhersteller auch finanzielle Risiken in Bezug auf seinen langfristigen Marken- oder Aktienwert.
  • Betriebliche Risiken – Die Einführung von KI führt zu einer Vielzahl betrieblicher Risiken. Im Hinblick auf die Datenintegrität bringen KI-gestützte Systeme ein erhöhtes Risiko von Datenfälschung, Hacking und Manipulation mit sich – beispielsweise bei Anwendungsfällen, in denen die Stimme des Fahrers durch generative KI zur Steuerung der Fahrzeugfunktionen verwendet wird. Hier gilt es zu klären, wie sich Hersteller und Nutzer gegen das Abfangen von Sprachbefehlen schützen können. Sensible Daten aus dem Automobilbereich müssen nicht nur bei ihrer Erhebung, Speicherung und Weitergabe geschützt werden, auch die Datenqualität und Zuverlässigkeit der KI-Algorithmen muss gewährleistet sein. Es gilt, KI-Systeme vor bekannten und unbekannten Cyberbedrohungen zu schützen, und die Privatsphäre der Verbraucher sollte in der KI-gesteuerten Umgebung gewahrt bleiben. OEMs und ihre Zulieferer müssen die richtigen Rollen für die Datenverschlüsselung und -anonymisierung festlegen und entsprechend implementieren. Robuste KI-Überwachungs- und Testverfahren sollten eingeführt werden, um die durch die Beteiligung von Drittanbietern verbundenen Risiken zu beherrschen. Dazu kommt noch die Frage, wie Open Source Lösungen in den kommenden Jahren in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Bisher war die Branche bei der Anwendung von Open-Source-Code sehr zurückhaltend.

Sichere Zukunft für die Automobilbranche

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Smart Cockpit Lösungen sichern Fahrzeug, Fahrer und sensible Daten gegen Cyberangriffe. (Bild: VicOne)

Die Entscheidungsträger bei OEMs und Zulieferern ringen immer wieder mit der Frage, wie sie bestmöglichen Gewinn machen können. Jetzt wirft KI zusätzlich ganz neue strategische, finanzielle und betriebliche Fragen auf. Insbesondere die generative KI ist für uns alle so neu, dass es äußerst komplex ist, sich ihre Auswirkungen auf eine so große und vielschichtige Branche wie die Automobilindustrie vorzustellen.

Die Automobilbranche ist ziemlich traditionell und risikoscheu, und sie ist mechanisch geprägt in ihrer DNA. Darüber hinaus sind Automobilunternehmen in der Regel recht große Organisationen, mit ganzen Ökosystemen miteinander verbundener, aber doch in sich separater Bereiche. Vieles, was über generative KI, LLMs und deren potenzielle Risiken diskutiert wurde, ist ziemlich breit gefächert und allgemein gehalten. Aber Automobilunternehmen müssen über die Auswirkungen – positive und negative – im Kontext jedes dieser einzelnen Bereiche nachdenken.

Ein sinnvoller erster Schritt für ein Automobilunternehmen besteht darin, ein kleines Team einzusetzen, das sich in die neue Technologie einarbeitet und alle Bereiche des Unternehmens, auf die sich KI auswirken könnte, unter die Lupe nimmt. Sicherlich kann ein Unternehmen nicht zulassen, dass die Cybersicherheit der generativen KI als Nebensache behandelt wird, selbst wenn diese noch in den Kinderschuhen steckt. Jeder der drei oben genannten zentralen Risikobereiche verdient die volle Aufmerksamkeit der OEMs und ihrer Zulieferer. Hier empfiehlt sich beispielsweise die Schaffung einer neuen Stelle, des „Chief of AI Security“, um mit dem Aufbau einer umfassenden, proaktiven Strategie zu beginnen und den Automobilunternehmen die Freiheit zu geben, sich weiterzuentwickeln.

Autor

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    : Autor

    Max Cheng ist CEO von VicOne. Als renommierter Cybersicherheits-Experte mit über 20 Jahren Berufserfahrung war Max Cheng maßgeblich daran beteiligt, VicOnes Mutterkonzern Trend Micro zu einem nbieter für Cybersecurity-Bedrohungen und -Lösungen zu machen. Als CEO von VicOne bringt Max Cheng seine Erfahrung und sein Fachwissen im Bereich der Cybersicherheit nun in die Automobilindustrie ein.

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