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ENISA Threat Landscape for 5G Networks
Der Bericht „ENISA Threat Landscape for 5G Networks“ aus dem Jahr 2020 bietet eine detaillierte Analyse der Bedrohungen und Schwachstellen, die mit der Einführung und dem Betrieb von 5G-Netzwerken einhergehen. Der Bericht aktualisiert frühere Bedrohungsanalysen, insbesondere in Bezug auf die technologische Weiterentwicklung und die 5G-Spezifikationen der 3GPP (3rd Generation Partnership Project), insbesondere Release 16. Ziel ist es, die neu aufkommenden Risiken zu bewerten und Sicherheitsmaßnahmen zu empfehlen, um die Sicherheit und Resilienz von 5G-Infrastrukturen zu gewährleisten.
Kontext und Methodik
5G-Netzwerke bieten signifikante technologische Vorteile, darunter schnellere Datenübertragungen, geringere Latenzzeiten und die Unterstützung einer Vielzahl neuer Anwendungen, wie z. B. das Internet der Dinge (IoT) und autonome Fahrzeuge. Diese Vorteile bringen jedoch neue Sicherheitsherausforderungen mit sich. Der Bericht befasst sich sowohl mit den allgemeinen Bedrohungen für 5G als auch mit spezifischen Schwachstellen, die durch den Übergang von 4G auf 5G entstehen. Hierbei konzentriert sich der Bericht auf Bedrohungen, die durch die Virtualisierung von Netzwerken und die zunehmende Nutzung von Software-Defined Networking (SDN) und Network Function Virtualization (NFV) entstehen.
Die Methodik des Berichts basiert auf einer Kombination aus Open-Source-Intelligence (OSINT) und der Analyse öffentlich zugänglicher Informationen sowie Expertenmeinungen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Identifizierung von Schwachstellen in der 5G-Architektur, einschließlich des Core-Netzwerks, der Netzwerk-Slicing-Technologie und der Radio Access Networks (RAN).
Hauptergebnisse
Der Bericht stellt fest, dass die Komplexität von 5G-Infrastrukturen zu einer Vielzahl neuer Schwachstellen führt. Zu den wichtigsten identifizierten Bedrohungen zählen:
- Virtualisierungsbasierte Angriffe: Da 5G-Netzwerke stark auf die Virtualisierung von Netzwerkfunktionen (NFV) setzen, sind sie anfällig für Angriffe, die auf Schwachstellen in der Virtualisierungsschicht abzielen. Dies umfasst die Manipulation von Hypervisoren und den Missbrauch von Netzwerk-Slicing, um unbefugten Zugriff auf verschiedene Netzwerksegmente zu erlangen.
- Angriffe auf das Core-Netzwerk: Das 5G-Core-Netzwerk ist das Herzstück der Infrastruktur und für die Verwaltung von Benutzer- und Datenströmen verantwortlich. Angriffe auf dieses Netz können dazu führen, dass große Teile der Netzwerkkommunikation gestört oder kompromittiert werden. Schwachstellen im Core-Netzwerk umfassen Denial-of-Service (DoS)-Angriffe und unautorisierte Zugriffe auf Steuerungselemente.
- Bedrohungen durch Software-Defined Networking (SDN): SDN ermöglicht eine flexiblere Verwaltung von Netzwerken durch die Trennung von Steuerungs- und Datenebene. Allerdings erhöht dies auch die Angriffsfläche, insbesondere wenn zentrale Steuerungselemente kompromittiert werden. Der Bericht hebt hervor, dass Angriffe auf SDN-Controller schwerwiegende Folgen für die Netzwerkverfügbarkeit haben könnten.
- Schwachstellen im Radio Access Network (RAN): Das RAN ist verantwortlich für die drahtlose Kommunikation zwischen Endgeräten und dem Core-Netzwerk. Schwachstellen in diesem Bereich könnten genutzt werden, um den Netzwerkzugang zu stören oder unberechtigten Zugriff zu erlangen. Spezifische Bedrohungen umfassen physische Angriffe auf Basisstationen und die Ausnutzung von Schwächen im Kommunikationsprotokoll.
Neue Herausforderungen durch Netzwerkslicing und Edge Computing
Ein herausragendes Merkmal von 5G ist das Konzept des Network Slicing, bei dem virtuelle Netzwerkschichten für verschiedene Anwendungsfälle wie IoT, autonomes Fahren oder industrielle Anwendungen erstellt werden. Während dies die Effizienz und Flexibilität von Netzwerken verbessert, schafft es auch neue Angriffsvektoren, da jedes Slice potenziell isoliert angegriffen werden kann.
Darüber hinaus unterstützt 5G Multi-Access Edge Computing (MEC), das Datenverarbeitung und -speicherung näher an den Endbenutzern ermöglicht. Dies verbessert zwar die Netzwerkleistung, öffnet jedoch auch neue Angriffsflächen, da Edge-Server möglicherweise nicht dieselben Sicherheitsstandards wie zentrale Server bieten.
Empfehlungen
ENISA betont die Notwendigkeit einer umfassenden Sicherheitsstrategie für 5G-Netzwerke, die sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen umfasst. Zu den wichtigsten Empfehlungen gehören:
- Verstärkte Sicherheitskontrollen für Virtualisierung und SDN: Es sollten spezifische Sicherheitsprotokolle implementiert werden, um die Integrität von NFV und SDN zu gewährleisten. Dies umfasst die Überwachung von Hypervisoren und SDN-Controllern sowie die Einführung von Mechanismen zur Erkennung von Anomalien.
- Schutz des Core-Netzwerks: Da das Core-Netzwerk das Rückgrat der 5G-Infrastruktur bildet, sollten Betreiber sicherstellen, dass starke Authentifizierungs- und Autorisierungsmechanismen vorhanden sind. Zudem sollten Systeme zur Erkennung und Abwehr von DoS-Angriffen implementiert werden.
- Sicherheitsmaßnahmen für Netzwerkslicing und MEC: Betreiber sollten isolierte Sicherheitskontrollen für jedes Slice implementieren, um sicherzustellen, dass ein Angriff auf ein Slice nicht auf andere übergreift. Für MEC sollten robuste Verschlüsselungs- und Zugriffsmanagementsysteme eingeführt werden.
Fazit
5G bietet enorme Chancen für technologische Innovationen, bringt jedoch auch erhebliche Cybersicherheitsrisiken mit sich. Der Bericht zeigt, dass neue Technologien wie NFV, SDN und MEC sorgfältig gesichert werden müssen, um die Integrität und Verfügbarkeit von 5G-Netzwerken zu gewährleisten.