Trend 2026 by VamiSec: 2026 als Wendepunkt der europäischen Cyber-Regulierung.
Mit dem Inkrafttreten mehrerer europäischer Regelwerke – NIS2, DORA, AI Act und Cyber Resilience Act (CRA) – verändert sich die Sicherheitslandschaft grundlegend. Diese Vorgaben betreffen nicht nur europäische Organisationen, sondern weltweit alle Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienste auf dem EU-Markt anbieten. Das zeigt sich als Trend 2026.
Zusammenfassung (TL; DR):
- 2026 wird zu einem entscheidenden Jahr für IT-Sicherheit und Compliance
- Schlüsselnormen NIS2-Richtlinie, der Digital Operational Resilience Act (DORA), der EU AI Act und der Cyber Resilience Act (CRA)
Mit dem Inkrafttreten mehrerer europäischer Regelwerke – NIS2, DORA, AI Act und Cyber Resilience Act (CRA) – verändert sich die Sicherheitslandschaft grundlegend. Diese Vorgaben betreffen nicht nur europäische Organisationen, sondern weltweit alle Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienste auf dem EU-Markt anbieten.
Der Druck steigt dabei nicht nur auf einzelne Unternehmen, sondern entlang der gesamten Lieferkette. Immer häufiger verlangen Kunden nachweisbare Sicherheits- und Compliance-Standards von ihren Dienstleistern. Zertifizierungen, Risikoanalysen und technische Nachweise werden zu festen Bestandteilen von Partnerschaften – und zu entscheidenden Vertrauensfaktoren im Wettbewerb.
Überblick: Die vier Schlüsselnormen 2026
Im Jahr 2026 laufen gleich vier große europäische Regulierungsstränge zusammen, die gemeinsam das Fundament für ein neues digitales Sicherheitsniveau bilden: die NIS2-Richtlinie, der Digital Operational Resilience Act (DORA), der EU AI Act und der Cyber Resilience Act (CRA).
Sie unterscheiden sich in Zielrichtung und Anwendungsbereich, greifen jedoch ineinander wie Zahnräder – mit klaren Schnittstellen zwischen Governance, Technologie, Risiko- und Produktverantwortung.
NIS2 – Fundament der europäischen Cyber-Resilienz
Die NIS2-Richtlinie stärkt als Nachfolgerin der ursprünglichen NIS-Richtlinie die Widerstandsfähigkeit der gesamten europäischen Wirtschaft gegenüber Cyberbedrohungen. Erstmals werden nicht nur kritische Infrastrukturen, sondern auch zahlreiche mittelständische und größere Unternehmen zur Umsetzung konkreter Sicherheitsmaßnahmen verpflichtet. Dazu gehören ein systematisches Risikomanagement, klare Melde- und Eskalationsprozesse sowie die Verantwortung der Geschäftsleitung für Cybersicherheit. Ziel ist eine europaweit harmonisierte Sicherheitsbasis, die Informations- und Kommunikationssysteme schützt und die Reaktionsfähigkeit bei Sicherheitsvorfällen erhöht. NIS2 schafft damit das organisatorische Rückgrat für alle weiteren regulatorischen Anforderungen.
Digital Operational Resilience Act (DORA) regelt Finanz- und Versicherungsunternehmen sowie deren IKT-Dienstleister
Der Digital Operational Resilience Act (DORA) richtet sich speziell an Finanz- und Versicherungsunternehmen sowie deren IKT-Dienstleister. Er verpflichtet die Branche, operative Resilienz ganzheitlich zu steuern – von Business Continuity und Incident Response bis zu Drittanbieter-Risiken. DORA konkretisiert, wie Cyber-Vorfälle gemeldet, Tests durchgeführt und IKT-Lieferanten überwacht werden müssen. Damit wird die Resilienz digitaler Finanzsysteme zu einem prüfbaren Element der Aufsicht.
EU AI Act – Regulierung für vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz
Der EU AI Act wiederum adressiert die sichere und vertrauenswürdige Nutzung künstlicher Intelligenz. Er teilt KI-Systeme in vier Risikostufen – unannehmbar, hoch, begrenzt und minimal – und leitet daraus konkrete Pflichten ab:

Anwendungen mit unannehmbarem Risiko, etwa Social Scoring oder manipulative Überwachung, werden verboten. Hochrisiko-Systeme, etwa in Medizin, kritischer Infrastruktur oder Personalentscheidungen, unterliegen einer strengen Konformitätsbewertung und umfangreichen Governance-Pflichten. Begrenzte Risiken erfordern Transparenz gegenüber Nutzenden, während minimale Risiken frei nutzbar bleiben. Entscheidend ist außerdem die Rollentrennung: Anbieter entwickeln, trainieren oder vertreiben KI-Systeme und tragen die Verantwortung für Dokumentation, Risikoanalysen und Konformität, während Betreiber für den sicheren Einsatz und die Nachweisführung im Betrieb verantwortlich sind. Diese Rollen sind für jeden Anwendungsfall individuell zu bestimmen – ein Punkt, der viele Unternehmen organisatorisch und rechtlich neu fordert.

Cyber Resilience Act (CRA) – Produktsicherheit neu definiert
Ergänzend dazu definiert der Cyber Resilience Act (CRA) erstmals verbindliche Cybersicherheitsanforderungen für Produkte mit digitalen Elementen. Hersteller, Importeure und Händler müssen künftig nachweisen, dass ihre Hardware- und Softwareprodukte sicher konzipiert, entwickelt und über den gesamten Lebenszyklus gepflegt werden. Pflicht werden unter anderem regelmäßige Sicherheitsupdates, ein dokumentiertes Schwachstellenmanagement, Transparenz in der Softwarelieferkette mittels SBOM und ein überprüfbarer „Secure-by-Design“-Ansatz.
Für das Inverkehrbringen innerhalb der Europäischen Union ist künftig eine CE-Konformitätserklärung erforderlich, die den Cyber-Resilienz-Nachweis einschließt. Damit wird Cybersicherheit zu einem festen Bestandteil der Produktqualität – vergleichbar mit elektrischer oder mechanischer Sicherheit.
Bislang stützten sich Unternehmen bei der Umsetzung solcher Anforderungen häufig auf branchenspezifische Normen wie die IEC 62443 für industrielle Automatisierungssysteme oder die SAE 21434 für Fahrzeug-Cybersicherheit.
Der CRA führt diese Ansätze nun auf einer europäischen Ebene zusammen und schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen für alle Hersteller digitaler Produkte. Diese etablierten Standards behalten jedoch weiterhin ihren Wert – insbesondere für die praktische Umsetzung und Auditierbarkeit der CRA-Anforderungen.
Sie können gezielt eingesetzt werden, um den regulatorischen Nachweis zu unterstützen:
- IEC 62443 bietet strukturierte Prozesse für industrielle Steuerungssysteme,
- SAE 21434 adressiert Sicherheitsanforderungen entlang des Fahrzeuglebenszyklus,
- OWASP SAMM (Software Assurance Maturity Model) hilft bei der Bewertung und Verbesserung sicherer Softwareentwicklungsprozesse.
In Kombination ermöglichen diese Frameworks eine praxisorientierte und normkonforme Umsetzung des CRA – und schaffen so die Grundlage für eine durchgängige Nachweisführung von Secure Development bis Produkt-Compliance.
Synergien zwischen NIS2 und AI Act anstatt Silos – Integrierte Umsetzung durch ISO 27001 und ISO 42001
Ein zentrales Muster, das sich 2026 deutlich abzeichnet, ist die wachsende inhaltliche Überschneidung zwischen der NIS2-Richtlinie und dem EU AI Act. Beide Regularien zielen darauf ab, Risiken zu beherrschen, Verantwortlichkeiten zu klären und Vertrauen in digitale Technologien zu schaffen – nur aus unterschiedlichen Blickwinkeln: NIS2 aus der Perspektive der Informations- und Netzsicherheit, der AI Act aus der Perspektive der verantwortungsvollen KI-Entwicklung und -Nutzung.
In der Praxis jedoch treffen beide Welten in denselben Organisationen aufeinander. Ein Unternehmen, das kritische Infrastrukturen betreibt oder KI-gestützte Systeme in sicherheitsrelevanten Prozessen nutzt, unterliegt sowohl den Anforderungen von NIS2 als auch des AI Act.
Das bedeutet: dieselben Daten, Prozesse und Personen sind Teil zweier Regulierungsrahmen – mit ähnlichen Kontroll-, Audit- und Nachweisanforderungen. Die parallele Umsetzung von NIS2 und AI Act kann durch die Konsolidierung der Normen ISO 27001 und ISO 42001 in einem integrierten Managementsystem deutlich vereinfacht werden.

- Die ISO 27001 legt den Rahmen für Informationssicherheits-Management fest – also für Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit.
- Die ISO 42001, die neue Norm für KI-Managementsysteme, erweitert diesen Ansatz um ethische, technische und organisatorische Leitplanken für KI-Systeme: Transparenz, Datenqualität, Nachvollziehbarkeit, menschliche Aufsicht und Risikomanagement entlang des KI-Lebenszyklus.
Diese Synergien sind besonders wertvoll im Kontext von NIS2 und AI Act: Mit einem integrierten Managementsystem nach ISO 27001 und ISO 42001 lassen sich diese Anforderungen einmalig aufbauen und mehrfach nachweisen – für Informationssicherheit, KI-Governance und regulatorische Konformität zugleich.
Beispielhafte Roadmap 2025–2027 – Integrierte Umsetzung von NIS2 und AI Act
Die Umsetzung von NIS2 und AI Act stellt viele Unternehmen vor die Herausforderung, organisatorische, technische und regulatorische Anforderungen zeitgleich und strukturiert zu erfüllen. Die folgende Roadmap zeigt beispielhaft, wie sich NIS2- und AI-Act-Anforderungen zwischen 2025 und 2027 in drei klaren Phasen umsetzen lassen – praxisnah, risikoorientiert und auditierbar.

Phase 1: Initialisierung und Gap-Analyse
Der Einstieg beginnt mit einer integrierten Bestandsaufnahme entlang der ISO 27001 (Informationssicherheit) und ISO 42001 (KI-Management).
Unternehmen prüfen, inwieweit bestehende Prozesse und Richtlinien bereits die Anforderungen von NIS2 und AI Act erfüllen, identifizieren Überschneidungen, Lücken und kritische Handlungsfelder. Ergebnis ist ein priorisierter Maßnahmenplan sowie die Einrichtung eines gemeinsamen Governance-Boards, das Informationssicherheit und KI-Governance koordiniert. Damit entsteht das Fundament für ein integriertes Managementsystem (IMS), das beide Regulierungen synergetisch vereint.
Phase 2: Systemaufbau und Integration
Konsolidierung im Fokus: ISMS-Prozesse nach ISO 27001 werden mit KI-spezifischen Kontrollen aus der ISO 42001 zusammengeführt. Zentrale Schritte sind der Aufbau eines einheitlichen Risikomanagement-Frameworks, die Festlegung von Rollen gemäß AI Act (Anbieter, Betreiber, Nutzer), die Einrichtung von Governance-Workflows für Audit-Trails und Transparenzpflichten sowie gezielte Schulungen für Schlüsselrollen. Parallel wird das ISMS technisch erweitert – etwa durch automatisierte Reporting- und Monitoring-Prozesse – und schafft damit die Grundlage für einen fortlaufenden Compliance-Nachweis.
Phase 3: Nachweis und Auditierung
Ab 2027 folgt die Audit- und Nachweisphase. Die integrierten Prozesse werden in kombinierten Audits überprüft – sowohl in Bezug auf Informationssicherheit (ISO 27001, NIS2) als auch auf KI-Governance (ISO 42001, AI Act). Ziel ist eine dauerhafte, überprüfbare Compliance-Struktur, die kontinuierlich weiterentwickelt wird. Darauf aufbauend können optionale Zertifizierungen erfolgen, wie ISO 27001 und ISO 42001.
Ergebnis und Mehrwert
Die Roadmap verdeutlicht, dass sich NIS2 und AI Act nicht als isolierte Anforderungen verstehen lassen, sondern als Teil einer gemeinsamen Sicherheits- und Governance-Strategie. Durch die Kombination von ISO 27001 und ISO 42001 entsteht ein kohärentes System, das Informationssicherheit, KI-Transparenz und regulatorische Compliance unter einem Dach vereint.
Unternehmen profitieren doppelt
Sie erfüllen nicht nur gesetzliche Pflichten effizienter, sondern stärken auch ihre digitale Glaubwürdigkeit gegenüber Kunden, Partnern und Aufsichtsbehörden. 2026 und 2027 werden damit zu Jahren, in denen Compliance nicht nur nachgewiesen, sondern aktiv gelebt wird – als Ausdruck verantwortungsvoller Unternehmensführung und digitaler Exzellenz.
Fazit und Ausblick – Compliance als strategischer Wettbewerbsvorteil
Unternehmen, die NIS2, AI Act und die übrige EU-Regulatorik nicht als Belastung, sondern als Chance begreifen, sichern sich einen entscheidenden Vorsprung – nicht nur in Europa, sondern weltweit. Denn wie bereits bei der DSGVO gelten auch diese Regelwerke für alle Organisationen, die innerhalb der EU Produkte oder Dienstleistungen anbieten oder digitale Systeme betreiben.
Ein integriertes Managementsystem nach ISO 27001 und ISO 42001 ermöglicht, Informationssicherheit und KI-Governance gemeinsam zu steuern – effizient, auditierbar und mit international anerkanntem Standard. Unternehmen, die sich zertifizieren lassen, können Compliance nachweisbar vereinfachen, regulatorische Risiken minimieren und zugleich Vertrauen bei Kunden, Partnern und Aufsichtsbehörden stärken.
Die Zertifizierung wird damit zum echten Wettbewerbsvorteil auf globaler Ebene:
Sie zeigt, dass Sicherheit, Ethik und Innovation in einem professionellen Rahmen zusammenwirken – und macht Organisationen fit für Märkte, in denen regulatorische Transparenz und digitale Verantwortung zum entscheidenden Auswahlkriterium werden. Während andere noch Pflichten erfüllen, setzen zertifizierte Unternehmen neue Maßstäbe für Vertrauen, Qualität und Resilienz – und definieren, was „Compliance Exzellenz made in Europe“ bedeutet.



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